Montag, 5. November 2012

Wortbilder

Mal mir Wortbilder hast du gesagt und ich nahm meinen roten Kugelschreiber in die Hand, meinen Notizblock und malte, malte endlose Landschaften voller Möglichkeiten und Bergen im Hintergrund, voller begonnener Bauwerke über die Wiesen verstreut, monumentale Fundamente, die wir alle hätten beenden können, die aber einfach zu groß angesetzt waren. Eine Hütte sehe ich nicht. Wenn es hier regnet wird man zwar nass, aber ich male schon weiter, der Stift wandert weiter, malt den offenen Weltraum und unendliche Zeit, Äonen, in denen sich eine Galaxie einfach nur um sich selbst dreht, wieder und wieder, bis es den Sternen schwindelt vor Bewegung und Energie , doch sie halten nicht an und auch mein Stift malt weiter, läuft über den weißen Raum auf dem eben noch die Schwärze des Alls war, übermalt das Schwarz mit rot, grün und blau, einem einzelnen Lichtstrahl, der sich an einem Atom spaltet, sich zerteilt, seine Teile in der Masse der Atome verliert und verschwindet, so wie jemand, den man einmal kannte und dann verlernte, jemand, der sich dann ein letztes Mal verabschiedet, um dann in der Menge auf dem Platz zu verschwimmen, traurig fast, doch ohne Zeit zu trauern male ich weiter, mein Stift, er malt und zeichnet, er rennt über das Papier, rennt über offene afrikanische Steppe am Rand eines Flusses auf dem Papierschiffe gleiten, die Leben in die Stadt am Horizont bringen, während die Sonne auf die Erde stiert, den Boden anbrennt, vielleicht weniger angenehm, aber ich male weiter, wechsel das Blatt, zerdrücke das alte, denn es fehlt die Zeit es jetzt zu sichern, mein Stift rennt, er kritzelt, skizziert ein neues Bild, ein Zimmer, ein kleines Zimmer, voller Leben und Nichts, die Wände übersäht mit Zeilen und Wissen, die bald geschrieben werden müssen, Bilder die noch gemalt werden müssen hängen in einer Reihe, zeigen, deuten mit dem Finger auf das eine Bild, doch der Stift wartet hier nicht, er hechelt, ist erschöpft, verbraucht, bleibt stehen und ich blicke auf.
Ich suche deinen Blick, doch ich kann ihn nicht finden. Der Platz auf dem du vor Wochen noch gesessen hast ist leer. Du bist schon gegangen. Du bist in die Stadt gefahren, hast ein Dach gefunden, eines das vor Regen schützt, ein kleines Haus, hast dich in der Menge verloren und das Bild sich in der Masse aufgeben lassen. Ohne Tinte sehe ich auf das Blatt, schwer von Bildern, reiße es langsam aus meinem Block, blicke auf die Uhr und stecke es ein.

Samstag, 3. November 2012

The RhymeMan #1 (Slam-Version)



 Ein Text für alle Batman-Fans, generell Fans von Superhelden, alle Nerds, alle Dichter und alle Menschen allgemein.

The RhymeMan #1
Professor Prosas Erwachen

In der großen Stadt bei Nacht
werden die Verbrecher platt gemacht
dort haust ein Mensch, schon fast ein Tier
Der an diesem Orte hier,
die ohne jede Schuld bewacht.
Nie sah man sein Gesicht,
Nicht in der Zeitung und im Fernsehen nicht
und doch hat jeder Gangster Schiss
Weiß er doch, dass er existiert,
der RHYMEMAN von Metropolis.

Und die nächsten fünf Minuten
handeln von dem Bösen, das dem Guten
stets die Stirn zu bieten hat,
von (genau) dem, der Rhymeman stets verneint,
ihm immer nur zu gerne gegenüber trat:
Professor Prosa, des Reimes ärgstem Feind.
Prosas düstrer Werdegang
begann, im Studium, es ist noch nicht so lang
her, da traf man ihn Tag für Tag, von acht bis acht
Im Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft.
Eines Tages dann an diesem Ort im Lyrikseminar,
wurd´s ihm plötzlich zu viel
bisher war er immer voller Eifer da,
doch diesmal war der Sitzung Ziel
moderne Populärkunst zu betrachten,
Ein Referat führte durch den Strassenslang
und als Beispiel brachten
die Referenten Haftbefehl, Savas und Farid Bang
Wie Prosa sich da echauffierte,
war seine Mutter doch ´ne ganz passabel situierte
und keineswegs die Prostituierte,
die man sie hier nannte in schnellen Turnus
Zwanzig Mal in der Minute und pro Strophe
und zehn Mal dann im Chorus.
Doch nicht nur davon war er tief verstört,
nein, Prosa war, ja regelrecht empört
und so er entschied, sich niemals mehr zu reimen, rief:
"Diese Reime sind ja uner... öhh... absolut nicht in Ordnung,
da mach ich nicht mehr mit!"
und Prosa schwor sich, den Reim an sich zu retten,
durch den Reimegenozid.


Die Jahre zogen schnell ins Land
und Prosa, der verbrach so allerhand,
doch das bleibt Platz für andere Geschichten,
heute will ich nur berichten,
wie unser Schurke ein Plakat entdeckte
dass zu so einem modernen Dichterwettstreit lud
und Prosa, der beim Wort „Dichter“ schon die Zähne bleckte
packte gleich die blanke Wut.
An besagtem Abend wollte er das Schauspiel
heimlich aus der Menge erst einmal betrachten,
quasi undercover merkte er, wie viel die Anwesenden lachten
und wie wenig Reime ihn dabei doch trizten
also begann er langsam den Abend zu genießen.
Doch dann, dann trat ein neuer Dichter an das Mikro ran
schmächtig, wuschelhaarig und allgemein eher ohne Plan
raschelte mit seinem Zettel und begann
seinen Vortrag mit des Professors unliebsten Geschwätz
"Also Reime sind ja völlig unterschätzt
ich wollte es mal wagen
dagegen zu klagen
also musst ihr jetzt leider
ein Gedicht von mir ertragen."
Prosa lies den Dichter seine erste Strophe noch beenden,
dann sprang er auf, rief
"Genug, genug, lassen wir es dabei bew.. ahh belassen"
Und überall verteilt erhoben sich wie auf ein Zeichen
zwanzig grobe Schlägertypen, die fast bis an die Decke reichten.
Unser armer Bühnendichter steht erstarrt
und Prosa lächelt düster, finster
Da bricht plötzlich und mit voller Wucht
etwas durch das Seitenfenster
und der Rhymeman, der betritt die Bühne
Ein Schock durchläuft die Hühnen-
haften Hohlgestalten, die der Professor Diener nennt,
da jeder einzelne von ihrem Schlag
diese Silhouette kennt.
Dem Rhymeman gehört dieses Profil
der Kraft des Guten, mit Klasse und mit Stil
ist er der eine, der diese Stadt noch retten kann
doch "psst", er setzt schon zu reden an.
"Ich bin Rhymeman
und ich habe der Welt geschworen
jedem Menschen beizustehen,
der spürt wie langsam, unaufhaltsam,
die lyrischen Kräfte ihm vergehen.
Außerdem bekämpfe ich Verbrechen,
gebe Hilflosen meinen Segen
aber nicht um meinen toten Dad zu rächen,
ich mach das nur der Coolness wegen.
Und wer bist du? Wer blickt mir hier ins Angesicht?“
„Professor Prosa bin ich, du Unterhosenwicht!
Aua, das hat sich gereimt!"
Und in diesem kurzen unachtsamen Moment
wird Prosa von einem Krampf ganz in Besitz genommen
und Rhymeman, klug wie er ist erkennt,
dass Prosa inzwischen Reime physisch auch nicht mehr bekommen.
Prosa hat an diesem Rückschlag schwer zu kauen
schnell weißt er seine Schergen an
Rhymeman erst mal kräftig zu verhauen.
Ein grobschlächtiger, riesenhafter Mann
bewegt sich auf den Helden zu
und dieser beginnt im Nu
mit seiner größten Stärke
perfekte Zeilen rezitieren aus des größten Autors, größten Werke:

Öhhm.. es tut mir Leid, ich kann das einfach nicht lesen
Aber es ist sich später jeder absolut sicher gewesen
dass es die allerschönsten Worte waren, die je ein Mensch sprach
voll purem Reim und reinem Metrum und ach
so voller Herz und Humor,
dass jeder sofort das erstere an diesen Klang verlor.

Hypnotisiert von den schönen Versen
wankt der Angreifer langsam und im Takt zurück
da verkeilt er sich mit der Ferse
an dem hier fehlenden Reim
und bricht sich das Genick.
Die anderen Schläger bekommen direkt ´ne nasse Hose
Rhymeman ist ganz offenbar Großmeister der Reimhypnose.
Auch Prosa ist dem Zauber voll und ganz erlegen
Naja, er wehrt sich zwar dagegen
doch die Poesie ist längst in seinem Hirn
und beginnt langsam damit sein Weltbild zu zerstören.
Und als letzte Tat, als allerletzten Schritt
macht auch sein Verstand einfach nicht mehr mit,
lässt Prosa allein und geht auf eine lange Reise
mit dem Versprechen zurückzukehren wenn man ihn ruft
in ungereimter Weise.
So endet dieses Kapitel der Geschichte des Rhymemans und Professor Prosa.
Der, der einmal ein Professor war
der wartet jetzt auf Heilung
in der geschlossenen Abteilung
vom Arkham Asylum.

Und die Moral von der Geschicht?
Nun, wer Reime hasst geht besser nicht
zu Veranstaltungen mit Poetry im Name,
denn ich weiß, das klingt total verrückt,
aber da hört man manchmal ein Gedicht.