Donnerstag, 29. März 2012

Wie sie Köln vernichten

 Das Produkt davon, dass ich ständig von Zombies träume und in letzter Zeit oft in Köln war. Wie sie Köln vernichteten in seiner extralangen, absolut Poetry-Slam-untauglichen Fassung.

Ich liege im Bett und du liegst nebenan. Das find ich gar nicht so toll. Weißt du, als du mir angeboten hast, bei dir zu übernachten, hatte ich gehofft, dass wir im selben Zimmer schlafen werden und angeregte Gespräche führen, naja, dass wir uns immerhin mental annähern, wenn wir schon in getrennten Betten schlafen müssen, aber bekanntlich kommt ja alles anders. Also liege ich hier und stelle mir vor was sein könnte, wenn sagen wir mal ein gewaltiger Sonnensturm bald die Erde trifft und alles Leben auslöscht, ihr wisst schon, so einer von diesen Roland Emmerich-Streifen, wir sind dann gerade geschieden, haben uns seit der Scheidung nicht gesehen und dein neuer Freund ist gerade gut genug dafür um uns im Flugzeug zu retten bevor er dann stirbt, was uns eigentlich beiden sehr gelegen kommt, denn so können wir wieder erkennen was wir mal aneinander hatten und ... naja der Vergleich hinkt, denn einen Freund hast du ja nicht, erst recht keinen der zufällig Flugzeug fliegen kann, sonst könnte ich dich schließlich aus meinem Kopf verbannen und aufhören über dich nachzudenken. Also vielleicht doch eher George A. Romero. Für die, die den jetzt nicht kennen, der gute Mann hat die gnazen Zombiefilme gemacht, Day of the Dead, Dawn of the Dead. Ich mein, meine Chancen wären bestimmt auch größer, wenn alle anderen Männer untot wären, obwohl du vermutlich immer noch sagen würdest, dass die sich wenigstens einen Bart wachsen lassen können. Stellen wir uns also vor.

Ich liege im Bett, das Radio knistert und ich höre die deutsche Nationalhymne im Hintergrund. Ein ernst klingender Mann redet etwas von T-Viren und Untoten und dass man auf jeden Fall Ruhe bewahren sollte.  Man hört Schüsse, dann bricht die Übertragung ab. Ich bin absolut beruhigt. Da stürmst du durch die Tür und mit meiner Ruhe ist es endgültig vorbei. Nachdem du fachkundig festgestellt hast, dass ich nicht infiziert bin, mich allerdings trotzdem leider nicht vor Angst umarmen willst, beschließen wir, dass die Regierung noch nie hilfreiche Tipps gegeben hat und verlassen das Haus. Die Straße vor uns ist wie ausgestorben, was weit weniger beängstigend ist, wenn man bedenkt, dass es 3 Uhr nachts ist, doch ein fauliger Geruch liegt in der Luft. Wir beginnen loszulaufen, laufen die Straße lang und halten Ausschau nach möglichen Infizierten.

Da erstarren wir plötzlich. Vor uns auf der Straße steht ein Mann, ob es ein Obdachloser oder ein Zombie ist, lässt sich jetzt nicht mit letzter Gewissheit sagen, doch zu diesem Zeitpunkt kann ich ehrlich gesagt keins von beidem in meinem Leben gebrauchen. Als er… es röchelnd auf uns zu kommt, hebe ich den Schirm, den ich im Haus noch schnell genommen habe und ramme ihn ihm in den Bauch. Die schlechte Ernährung oder das Mutieren zum Untoten greift anscheinend das Gewebe an, jedenfalls sinkt der Schirm halb ein und kommt aus dem Rücken des Wesens wieder heraus. Beide blicken wir angeekelt, verständlich, schließlich mag es niemand wenn sein Schirm in einem Obdachlosen steckt. Ich mache den Schirm auf. Das Ergebnis ist ziemlich fies, schleimig und überall verteilt. Als ich den Schirm sehe, vollkommen schleimverschmiert, überleg ich es mir anders und werfe ihn lieber weg. Immerhin wissen wir jetzt sicher, dass hier eindeutig etwas nicht stimmt.
Wir biegen um eine Ecke und stehen vor der halb fertigen Kölner Großmoschee, die gegen die Pro Köln, diese rechte Gruppe, monatelang protestiert hat und die aussieht wie eine Mischung aus Hagia Sophia und Pokémon Arena. Ein paar Zombies ohne Haare aber mit dicker Bomberjacke versuchen verzweifelt sie aufzufressen, sie kauen auf halb fertigen Stahlkonstruktionen herum. Anscheinend braucht man für einige Einstellungen etwas weniger Hirn als für andere. Ich kann diese Kombination aus Nazi- und Zombie Gedankengut allerdings nicht dulden. Ich gucke hilfesuchend nach links (Ja, das ist doppeldeutig). In einem halbgemähten Garten steht ein alter Benzinrasenmäher. Ich muss unwillkürlich grinsen. Manche Leute wissen jetzt was kommt. Ich hebe den Rasenmäher, er heult laut auf und der Gestank von Benzin erfüllt die Luft. Ich gehe auf die Nazizombies zu, meine Augen leuchten, als ich den ersten von ihnen zerfleische… ich denke mir jetzt mal es wäre besser die Erzählung hier abzukürzen. Schließlich geht es eigentlich gar nicht um Zombies. Es geht um dich und ok, du bist cool, aber dann doch nicht so cool, dass du dich so über das Gemetzel freuen könntest, wie ich es tue. Stattdessen sitzt du eher bleich in der Ecke und bist ziemlich fertig und ich beschließe, dass es Zeit ist aus dieser Stadt zu verschwinden.

Es ist Zeit Dinge zu tun, die man schon immer mal tun wollte, ich meine abgesehen davon untote ProKöln-Aktivisten mit einem Rasenmäher niederzumähen (Man beachte das Wortspiel), also heb ich dich heroisch vom Boden auf, Ich schwanke leicht, du bist etwas schwerer als ich gedacht habe, doch das sag ich dir jetzt besser nicht. Wenn ich so drüber nachdenke, sag ich dir das besser niemals. Wenn ich dich nicht gerade tragen muss, stört es mich ja auch nicht. Etwas weniger heroisch schwanke ich auf die nächste Haustür zu und versuche sie einzutreten. Nun vollkommen unheroisch pralle ich zurück. Die Tür lacht mich aus. Nicht wirklich, eigentlich lachst du, aber egal. „Du bleibst hier“, sage ich. Durch ein Fenster verschwinde ich ins Haus und komme eine Minute später mit den Autoschlüsseln der Bewohner zurück.

Ich überfahre in voller Fahrt eine rote Ampel und du schreckst hoch. „Hey…“, murmelst du verschlafen. Mist, dabei war ich gerade so froh, dass du eingeschlafen bist, also weise ich dich besser nicht auf unsere Situation hin, naja dass wir umgeben von Zombies sind und ich gerade 2 davon über den Haufen gefahren habe, und erkläre dir lieber, dass Rot, wie in der Politik ja auch, neuerdings für Fortschritt steht. Du murmelst etwas von grün und ich kombiniere messerscharf: Grün steht für Umweltschutz, da bleibt man stehen und im Idealfall macht man auch noch den Motor aus. Bevor du noch etwas sagen kannst, komme ich dir zuvor und sage: „Naja und gelb… puh gelb… ja das hat eigentlich gar keine Bedeutung, ich mein, die gelbe Phase ist ja auch immer sehr kurz, da fällt es schwer da einen Sinn reinzulesen.“ Noch während ich spreche, werde ich mir des eben gesagten bewusst und muss grinsen.

Auf der Fahrt durch die ausgestorbenen Straßen der Kölner Innenstadt sprechen wir kaum ein Wort und hören aus dem Radio die Cranberries. Der Song wird unterbrochen und die deutsche Nationalhymne wird ausgestrahlt. Ein Sprecher, ich komme nicht umhin zu bemerken, dass es ein anderer als zuvor ist, kündigt an, dass jeder nicht Infizierte die Stadt verlassen soll, da sie durch einen taktischen Nuklearsprengkopf zerstört werden soll. Ok, es war ca. 4 Uhr Nachts als ich meine wirklich, als ich den Text geschrieben habe, um die Uhrzeit fallen einem manchmal eben nur Atomwaffen als Antwort ein, das wird euch Ahmadinedschad bestätigen. Ich werde mal zumindest den größten Logikfehler, der euch jetzt auffallen könnte aus dem Weg räumen: Deutschland hat natürlich gar keine Nuklearwaffen. Als ob man uns nach 2 begonnenen und verlorenen Weltkriegen welche gestatten würde. Ich stell mir einfach vor, dass Frankreich uns gerne einen Sprengkopf geliehen hat, als die erfahren haben, dass er gegen eine unserer eigenen Städte eingesetzt werden soll, haben die sich bestimmt ins Fäustchen gelacht. Zurück ins Auto.

Ich fahre schneller aufgrund der Ankündigungen im Radio und bald lassen wir die Stadt hinter uns. Auf einem Hügel, so weit weg, dass die Stadt nur noch am Horizont zu erkennen ist, bleiben wir stehen und steigen aus. Und wir blicken zurück und die Stadt erstrahlt in hellem Licht und explodiert und hinterlässt eine pilzförmige Wolke am Horizont. Und wir steigen wieder ein und fahren weiter, tief erschöpft und nicht so glücklich wie erhofft, aber immerhin zusammen.

Und ich liege im Bett, es ist inzwischen halb 5, und ich denke ich mir: Eigentlich gar kein so schlechtes Ende und schlafe ein und träume davon, was aus uns werden könnte, wenn jetzt eine Zombieepedemie in Köln ausbricht.

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